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Kommerzieller Drohnenflug für US-Medienunternehmen erlaubt

CNN

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Die amerikanische Luftfahrtbehörde Federal Aviation Administration (FAA) hat dem TV-Sender CNN eine generelle Ausnahmegenehmigung für den Flug mit einer Drohne erteilt. Das schließt den Flug über Menschenansammlungen mit ein. Bislang musste vorher eine Ausnahmegenehmigung bei der FAA beantragt werden. Erstmalig hat die FAA in dieser Sache eine generelle Erlaubnis erteilt. Zukünftig darf der Sender mit einer Kameradrohne an beliebigen Orten mit Medienereignissen filmen und auch über Menschenansammlungen fliegen. Letzteres ist in Deutschland bislang gesetzlich verboten. Das IT-Portal Golem berichtete darüber.

In Deutschland ist der Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen und Flugmodellen über und in einem seitlichen Abstand von 100 Metern von Menschenansammlungen aufgrund von § 21b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) verboten.
Karin Christ, Pressesprecherin der Regierung von Mittelfranken

Dieser Ausnahmegenehmigung vorausgegangen war ein im Jahr 2015 gestarteter Versuch mit Drohnen, in dem CNN und das Georgia Institute of Technology (Georgia Tech) entsprechende Daten sammelten und der FAA zur Verfügung stellten. Die US-Luftfahrtbehörde nutzte u.a. diese Daten um ein Regelwerk für den Einsatz kommerzieller Drohnen erarbeiten zu können.

Bald Live-Bilder von Drohnen?

In den USA ist Live-TV ein Hit. Millionen Zuschauer zieht es zu den unmöglichsten Zeiten vor den Fernseher, wenn wieder einmal Verbrecher fliehen und sich eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei liefern. Bislang wurden die Aufnahmen aus einem Helikopter gefilmt, die nicht nur über Menschen, sondern auch über befahrene Straßen und bewohnten Gebäuden fliegen. Zukünftig werden wohl einige dieser Aufnahmen aus Kameradrohnen stammen.

In Deutschland ebenfalls möglich?

Wäre dieser Zustand in Deutschland ebenfalls möglich? Können Medienunternehmen hierzulande auch mit einer Ausnahmegenehmigung rechnen? Was geschieht bei einem Ereignis wie beispielsweise die kürzlich erfolgt Bombenentschärfung in der Frankfurter City? Hätten Journalisten in diesem Fall auch ihre Kameradrohne auspacken und über der Weltkriegsbombe fliegen und den Entschärfern bei der Arbeit zusehen können?

Einrichtung eines Flugbeschränkungsgebiets

Zu besonderen Ereignissen wird ein Flugbeschränkungsgebiet eingerichtet, welches ein bestimmtes Gebiet umfasst und alle Flüge – einschließlich des Betriebs von Flugmodellen und unbemannten Luftfahrtsystemen (Drohnen) – untersagt wird. Von dieser Beschränkung ausgenommen werden können u.a. Flüge der Polizei, Bundespolizei und anderer Einsatzkräfte. Die Anordnung erfolgt durch das Verkehrsministerium, die Kontrolle darüber obliegt der Deutschen Flugsicherung. Flugbeschränkungsgebiete werden zur Vorbeugung und zur Gefahrenabwehr eingerichtet. Unterschieden wird zwischen dauerhaften Gebieten, wie beispielsweise über Atomkraftwerken oder auch dem Regierungsviertel Berlin, und solchen mit zeitlicher Beschränkung.

Auch in Deutschland möglich?

Wir haben Ute Otterbein von der DFS Deutsche Flugsicherung gefragt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass auch deutsche Medien und Fernsehsender eine generelle Sondererlaubnis erhalten und in Deutschland mit Kameradrohnen zu Medienzwecken über Menschenansammlungen fliegen dürfen. „Eine Regelung wie in den USA können nicht wir treffen, sondern hier würde das Verkehrsministerium gefragt sein. Allerdings würde dies eine Umkehr der bisherigen Praxis bedeuten: Bislang werden zum Beispiel bei besonderen Ereignissen oder Schadenslagen eher Vorkehrungen dafür getroffen, dass Drohnen nicht fliegen dürfen. Das betrifft zum Beispiel den G20-Gipfel oder auch Bombenentschärfungen, wie neulich in Frankfurt. Hier wird der Luftraum für Einsatzkräfte freigehalten. Im sogenannten „Flugbeschränkungsgebiet“ dürfen Polizei und Feuerwehr fliegen, während der Drohnenflug nicht erlaubt ist und auch andere Sicht-/Hobbyflieger nicht unterwegs sein dürfen.“

Ausnahmen sind laut Verordnung möglich

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) teilt uns mit, dass die Verordnung durchaus Ausnahmen zulässt. Die zuständigen Behörde können Ausnahmen von den Verboten zulassen, wenn der Betrieb von Drohnen keine Gefahr ist – für die Sicherheit des Luftverkehrs, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, für den Datenschutz oder Naturschutz oder Lärmschutz. Die Ausnahmen können grundsätzlich allgemein, also nicht nur für einen einzelnen Aufstieg erteilt werden. Die Verordnung verzichtet bewusst auf Formulierungen wie „im Einzelfall“ oder „in begründeten Einzelfällen“ und stellt auf „begründete Fälle“ ab, um Allgemeinerlaubnisse weiterhin zu ermöglichen. „Begründete Fälle“ können insbesondere Fälle gewerblicher Nutzung sein.

Das Bundesverkehrsministerium hat die Länder angeschrieben und sie auf die Ausnahmeregelungen bei der Anwendung der Verordnung hingewiesen. Zudem werden derzeit die bestehenden „Gemeinsamen Grundsätze des Bundes und der Länder für die Erteilung von Aufstiegserlaubnissen für unbemannte Luftfahrtsysteme“ an die Neuregelungen angepasst. Die Grundsätze regeln die einheitliche Verwaltungspraxis. Für die konkrete Praxis vor Ort, so das BMVI, sind die Landesluftfahrtbehörden zuständig.

Ländersache!

Wir haben einige Landesluftfahrtbehörden gefragt, ob denn bereits Anfragen im Hinblick auf eine generelle Genehmigung von deutschen Medienunternehmen bzw. Rundfunkanstalten eingegangen sind. Die Regierung von Mittelfranken, die Bezirksregierung Düsseldorf, das Regierungspräsidium Darmstadt und das Regierungspräsidium Kassel verneinen. Dr. Martin Nell, Pressesprecher der Regierung von Oberbayern, teilt uns mit, dass es „solche Anfragen vereinzelt gab. Da es bislang allerdings noch keine einheitlichen Kriterien dafür gibt, unter welchen Voraussetzungen Ausnahmen von den Betriebsverboten des § 21b der Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) zugelassen werden können, hat das Luftamt Südbayern bislang keine Ausnahmeerlaubnisse erteilt. Zu bedenken ist dabei insbesondere, dass die LuftVO im Regelfall von einem Verbot ausgeht und Ausnahmen nur „in begründeten Fällen“ zulässt.“ Auch Pressereferentin Désirée Bodesheim vom Regierungspräsidium Stuttgart bejaht: „Wir hatten schon Anträge von Rundfunkanstalten und Unternehmen auf die Erteilung von Erlaubnissen bzw. auf die Zulassung von Ausnahmen von Betriebsverboten.“

Sind öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten gleich Behörden?

Eine überaus interessante Aussage wird von Désirée Bodesheim getroffen. „Bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stellt sich zudem die in Literatur und Rechtsprechung noch nicht geklärte Frage, ob es sich bei ihnen nicht um Behörden i. S. d. § 21a Absatz 2 Nummer 1 LuftVG handelt, die selber für die Einhaltung der materiell-rechtlichen Bestimmungen verantwortlich sind und keiner Erlaubnis bzw. Ausnahmeerteilung unsererseits bedürfen. Wir sind vorläufig bis zu einer endgültigen Klärung davon ausgegangen, dass es sich bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten um Behörden handelt.“

Das würde bedeuten, dass jene öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, wie beispielsweise der Bayerischer Rundfunk (BR), Deutschlandfunk (DLF) aber auch ARD und ZDF, als eine Behörde angesehen werden und keinerlei Erlaubnis beantragen müssten. Sie könnten bereits jetzt schon über Menschenansammlungen fliegen. Bislang sehen das aber nicht alle Luftfahrtbehörden so.

Wie hoch ist denn nun die Wahrscheinlichkeit, dass auch deutsche Fernsehsender eine dauerhafte Sondererlaubnis erhalten und in Deutschland zur Berichterstattung über Menschenansammlungen fliegen dürfen? Thomas Glock vom Dezernat III 33.3 des Regierungspräsidiums Darmstadt sagt, dass „eine deutschlandweite Erlaubnis für das Überfliegen von Menschenansammlungen voraussichtlich nicht geben wird, weil die Erlaubniserteilung in die Zuständigkeit der Luftfahrtbehörden der Länder fällt. Gegebenfalls ist aber eine gegenseitige Anerkennung denkbar. Für den Regierungsbezirk Darmstadt möchte ich die Erteilung einer solchen Erlaubnis nicht ausschließen, weil der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Befreiung von dem Überflugverbot in begründeten Fällen grundsätzlich vorgesehen hat. Die Befreiung wird aber sicherlich an die Erfüllung von hohen Anforderungen an das eingesetzte Luftfahrtgerät (z.B. Ausfallsicherheit, aktive und passive Schadenshemmung, Wartung, etc.) und die Ausbildung der Steuerer geknüpft sein.“

Für das Regierungspräsidium Kassel ist Karin Vey vom Verkehrsdezernat die verantwortliche Sachbearbeiterin und zuständig für die Bezirke Kassel und Gießen. „Das ist Ländersache“, sagt auch Karin Vey und fügt hinzu, dass „es in Hessen eine solche generelle Sondererlaubnis nicht geben wird, da die Luftverkehrsordnung in § 21 b Abs. 1 Nr. 2 ein Überflugverbot über Menschenansammlung festlegt. In begründeten Fällen kann die zuständige Landesluftfahrtbehörde gem. § 21 b Abs. 3 LuftVO Ausnahmen von den Verboten zulassen. Wie gesagt, in begründeten Fällen und als Einzelerlaubnis.“

Innerhalb des Bereichs der Bezirksregierung Düsseldorf ist „eine dauerhafte Sondererlaubnis für deutsche Fernsehsender im Rahmen der Berichterstattung über Menschenansammlungen fliegen zu dürfen, derzeit ausgeschlossen“, wie uns Stefanie Klockhaus berichtet. „Inwieweit zukünftig andere Regelungen getroffen werden, können wir als Bezirksregierung nicht einschätzen. Wir erteilen Aufstiegserlaubnisse und Ausnahmegenehmigungen auf Grund der geltenden Gesetze und Verordnungen.“

„Grundsätzlich“, so Désirée Bodesheim, „können Erlaubnisse oder Ausnahmen allgemein oder für den Einzelfall erteilt werden. Damit kann der Betrieb auch über einen einzelnen Fall hinaus erlaubt werden, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen, d.h. die geplanten Aufstiege nicht zu einer Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen und eine Begründung für die Erteilung der Ausnahme vorliegt.“

Es besteht zwischen den Ländern noch viel Kommunikationsbedarf, wie uns Dr. Martin Nell erzählt. „Es ist noch nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen Ausnahmegenehmigungen von Verboten nach § 21b LuftVO erteilt werden können. Bund und Länder arbeiten gegenwärtig in enger Abstimmung daran, die für die Ausnahmegenehmigungen notwendigen Voraussetzungen festzulegen. Sobald uns abschließende Ergebnisse vorliegen, werden wir diese zeitnah auf der Homepage der Regierung von Oberbayern veröffentlichen.“

In Zukunft vielleicht möglich

Wie uns Karin Christ, Pressesprecherin der Regierung von Mittelfranken (Luftamt Nordbayern), mitteilt, wird durch das „Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und die Landesluftfahrtbehörden derzeit ein Konzept für eine einheitliche Risikobewertungsmethode in Deutschland (Specific Operations Risk Assessment Germany – SORA-GER) für den Einsatz von unbemannten Luftfahrtsystemen mit erhöhtem Gefährdungsrisiko entwickeln. Ein Grundkonzept für das SORA-GER wird voraussichtlich in Kürze mit der Neufassung der Gemeinsamen Grundsätze des Bundes und der Länder für die Erteilung von Erlaubnissen und die Zulassung von Ausnahmen zum Betrieb von unbemannten Fluggeräten vorliegen. Ob und inwieweit der Betrieb von unbemannten Luftfahrtsystemen über Menschenansammlungen zugelassen werden kann, wird davon abhängen, ob ein etwaiger Betreiber unter Anwendung des SORA-Verfahrens den Nachweis eines gefährdungsfreien Betriebs über Menschenansammlungen nachweisen kann.“

Möglicherweise erlaubt und irgendwie doch verboten

Theoretisch wäre es denkbar, dass deutsche Medienunternehmen eine generelle Ausnahmegenehmigung wie in den USA erhalten. Aber nur theoretisch. Und nur in einigen Bundesländern. In der Praxis stehen zu viele Eventualitäten im Wege. Entweder besteht ein Flugbeschränkungsgebiet oder es geht eine der vielen Gefahren beim Betrieb von Drohnen aus. Wir erinnern uns an die Gefahren wie die Sicherheit des Luftverkehrs, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, für den Datenschutz oder Naturschutz oder Lärmschutz oder oder oder. Also doch verboten?!

Angriff auf die Pressefreiheit

Aber kommt ein solches in Deutschland theoretisch bestehendes „Verbot“ nicht einer Einschränkung der Pressefreiheit gleich? Die Pressefreiheit bezeichnet nämlich das Recht von Rundfunkeinrichtungen, der Presse sowie deren Journalisten die ungehinderte Ausübung ihrer Tätigkeit. In Art. 5 Absatz 1 Satz 2 GG (Grundgesetz) ist insbesondere vom Schutz des rechtmäßigen Erlangens und Verbreitens von Informationen die Rede.

Wie uns Pressesprecher Hendrik Zörner vom DJV – Deutscher Journalisten-Verband e.V. mitteilt, „…sind Kameradrohnen bisher noch ein Nischenthema im Journalismus. Anfragen aus dem Kreis unserer Mitglieder gibt es bisher dazu nicht.“ Der DJV hat sich deshalb bislang noch nicht mit diesem Thema beschäftigt. Kameradrohnen im Journalismus sind anscheinend noch kein Thema bei der Berichterstattung.

Wie würden andere Medienhäuser aus der freien Wirtschaft reagieren, wenn nur öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, die gewissermaßen als Behörde angesehen werden könnten, zur Berichterstattung mit Kamera-Drohnen überall und ohne Genehmigung fliegen dürften?  Wäre das nun unlauter Wettbewerb oder eine Wettbewerbsbeschränkung?

Wir verfolgen weiterhin die Entwicklung in diesem Bereich und bleiben an diesem spannenden Thema dran.

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